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Be clever don't fight

Integrationsprogramm für geflüchtete Kinder

Zukunftspläne schmieden und der Gewalt den Kampf ansagen 

„Die Flucht nach Deutschland hat sechs Monate gedauert, das war eine schlimme Zeit für mich“ verrät uns Fatemeh, ein 13-jähriges Mädchen aus Afghanistan. Sie hat wache, kluge Augen und ist eine der etwa 20 Kinder, welche größtenteils aus ihren Heimatländern flohen und in die Integrationsklassen der Holstentor-Gemeinschaftsschule in Lübeck gehen. 

 

Text: Laura Tomala

Integration der Geflüchteten ist eine der größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. Abgesehen von der staatlichen Förderung bringt uns jede Art der Hilfe, ob von engagierten Einzelpersonen oder von humanitären Vereinen, weiter. VIA CORDIUM hat sich unter anderem auf die Fahnen geschrieben, kleine Integrations-programme für geflüchtete junge Menschen zu entwickeln. Die Lehrerin Frau Sylwia Berres, welche zusammen mit Frau Maren Mohr die DAZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) an der Holstentor-Gemeinschaftsschule unterrichtet, kontaktierte VIA CORDIUM mit dem Vorschlag, den Unterricht mit einem Integrations-programm zu ergänzen. 

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Integration beginnt auf dem Schulhof, genau hier, zwischen Butterbrot und großer Pause. Dieser Vorstellung folgend wurde von VIA CORDIUM das Projekt mit dem Titel „Be clever, don`t fight“ ins Leben gerufen, welches sich auf das Konfliktmanagement bezieht. Der Chirurg und Notarzt Mathias Tomala, welcher als Weltmeister im Shotokan-Karate Erfahrung mit dem Umgang mit Konflikten hat, übernahm die Projektleitung. Zusammen mit Laura Tomala entwickelte er ein Programm, getrennt für Mädchen und Jungen, mit dem Ziel, die für die Flüchtlingskinder unbekannten Gefahren  zu erkennen, die neuen Situationen richtig zu interpretieren und entsprechend verantwortungsvoll zu handeln. „In den Heimatländern insbesondere in den Kriegszeiten ist es oft üblich, sich „auf der Straße“ durchzuschlagen. Besonders bei den Jungen besteht daher oft das Problem, die Konflikte auf dem Schulhof und dem Sportplatz mit Gewalt zu lösen. Das passiert auch den einheimischen Jungen mit dem Unterschied, die Konsequenzen zu kennen. So können schnell Kinder mit Migrationshintergrund in eine Ecke gedrängt werden, aus der sie nicht mehr raus kommen“ so Tomala. Im Kurs für Jungen wurde betont, dass körperliche Auseinandersetzung mit Konsequenzen, auch in Hinblick auf die Zukunft der Kinder in Deutschland und Europa, verbunden ist. Es wurde das „Fair Play“ beim Sport gelehrt. Abgerundet wurde das Seminar für die Jungen mit der Darstellung von typischen Verletzungen beim Sport mit dem Erste-Hilfe Training und praktischen Übungen. Anders war der Kurs für die Flüchtlingsmädchen. „Die Mädchen sind oft schüchtern, meist aufgrund der traditionellen Rolle der Frau in ihren Heimatländern. Für viele sind die Freiheiten und die Gefahren in Deutschland unbekannt“ meint Laura Tomala. Das Ziel des Kurses ist, die Mädchen zu schulen, Gefahren zu erkennen, entsprechend zu handeln und gefährliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Mit Unterstützung der beiden Klassenlehrerinnen Sylwia Berres und Maren Mohr sowie mit Hilfe der arabisch-sprechenden Dolmetscherin Frau Ibraheem gelang ein reger Austausch in den Gruppen, trotz der sehr unterschiedlichen Sprachkenntnissen. „Die meisten Kinder kommen aus Syrien, Afghanistan, Irak und dem Iran. In den DAZ-Klassen ist das oberste Ziel, die Kinder so schnell wie möglich in den Regelschulbetrieb zu integrieren, auch wenn das Alter, das individuelle Bildungsniveau und die Deutschkenntnisse sehr unterschiedlich sind“ erklärt die Lehrerin Frau Berres.

Viele Schicksale der geflüchteten Kinder sind ergreifend. Das Mädchen aus Afghanistan, Fatemeh erzählt über ihre traumatisierende Flucht nach Europa: „Ich bin in Herat geboren und vor drei Jahren nach Deutschland gekommen“. Sie rutscht ein wenig nervös auf dem Stuhl umher und erklärt dann „wir sind über den Iran und die Türkei geflohen, dann wurden wir auf einen Schiff gefangen genommen und in Bulgarien ins Gefängnis gebracht. Ich hatte große Angst“. Inzwischen hat Fadimeh in ihrer neuen Heimat Lübeck Freunde gefunden und spricht fließend Deutsch. In der Regelklasse, in die sie seit einigen Monaten geht, hat sie in Mathematik die besten Noten. Ihre Hobbies sind Volleyball und Schachspielen. „Wenn ich erwachsen bin, möchte ich Ärztin werden, das weiß ich schon“ berichtet sie mit einem Leuchten in den Augen. „In Deutschland bin ich mit meiner Familie zusammen, ich lebe in Sicherheit und habe eine Zukunft, was will ich denn mehr?“  Da die Gefahren, welche auf der Straße lauern, andere sind als in ihrem Heimatland, ist für Fatemeh das Seminar interessant. 

Und damit sie ohne Gewalt und mit dem richtigen Blick für Gefahren weiter an ihren Zukunftsplänen schmieden kann, dafür hat sich der Einsatz gelohnt. „Die Schüler lernen von meinen Erfahrungen im Umgang mit Konflikten und Gefahren – aber ich lerne auch von Ihnen“ so Tomala „das Wort integrare bedeutet auf Latein auch „ergänzen“ und dieses Lernen voneinander, das ist der für mich richtige und motivierende Weg, welcher meiner Meinung nach beschritten werden sollte, damit Integration funktionieren kann."

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Am Ende gab es eine Urkunde für alle Teilneh, auch für Fatemeh und Hanisk.

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