Nepal
Friendship Aid Project for Jhule
Hoffnung für das Dorf Jhule
In Nepal sagt man: Namaste! Sonnenaufgang in den Bergen des Himalaya und ein Hoffnungsschimmer für das kleine nepalesische Dorf Jhule, welches durch die Erdbeben im April und Mai 2015 stark zerstört wurde. Einsatzbericht über den zweiten humanitären Einsatz von VIA CORDIUM in Nepal.
Text: Laura Tomala
„Jhule ma swaagatam“ begrüßt uns Tulku Lama und meint damit „Willkommen in Jhule“. Der freundliche Mann mit sonnengegerbter Haut lebt mit seiner sechsköpfigen Familie an einem grünen, mit Kartoffeln und Mais bewachsenen Berghang des Dorfes. Sein Haus, aus Feldsteinen und Lehm gebaut, wurde bei den schweren Erdbeben vollständig zerstört, die Familie stand von einem Moment auf den nächsten buchstäblich auf den Trümmern ihrer Existenz. Seit dem Unglück hat die Familie notdürftig ein Ersatzhaus aus Wellblech gebaut, vor welchem gerade eine Kuh ihr Kälbchen säugt und eine Schaar Hühner aufgeregt um unsere Füße laufen. Der humanitäre Einsatz beginnt!
Wir sind vier Ärzte von VIA CORDIUM: Silvie Heilenkötter (Anästhesistin), Laura Tomala (Plastische Chirurgie), Michael Konrad (Chirurg) und Mathias Tomala (Chirurg). Warum sind wir in Jhule sind? In Kooperation mit der nepalesischen Non-Profit-Organisation GMSAA wurde 2015 ein gemeinsames Hilfsprojekt für die Erdbebenopfer ins Leben gerufen. Die Wahl fiel auf ein, durch die schweren Erdbeben zu 90 Prozent zerstörtes Dorf Jhule, in welchem 300 bis 350 Menschen leben. Das Hilfsprojekt für Jhule beinhaltet drei Ziele: Bau eines Gemeindehauses, Unterstützung der lokalen Grundschule und medizinische Versorgung der Bewohner (siehe Link: Friendship Aid Project vor Jhule – Einsatz nach dem Erbeben 2015). Nach unserem ersten Einsatz im September 2015 sind wir nun erneut in Jhule angekommen.
Dorfbewohnerin von Jhule mit ihrer Tochter – die beiden zieren
seit einem Jahr die VIA CORDIUM Postkarte
Von den Ruinen des Hauses von Tulku Lama können wir auf das sich noch im Bau befindlichen Gemeindehauses blicken. Im vergangenen Jahr haben die Dorfbewohner in mühevoller Arbeit mit unzähligen Spatenstichen einen rieseigen Berghang abgetragen, damit hier das Gemeindehaus entstehen kann. Bei der Begehung der Baustelle sehen wir dicke Stahlträger, welche tief in den Boden einzementiert sind, das blaue Dach leuchtet im warmen Sonnenlicht.
„In dem Gemeindehaus wird Platz sein für einen Versammlungsraum, in dem sich der Dorfrat und die Frauengemeinschaft treffen können. Zudem soll ein Raum für Medikamente und eine einfache, erste Behandlung integriert werden. Ein Multifunktionsraum könnte zudem Platz für einen kleinen Kindergarten bieten“ berichtet der Teamleiter von VIA CORDIUM, Mathias Tomala, „das Leben im dem vollkommen zerstörten Dorf Jhule kann damit Schritt für Schritt wieder lebenswert gemacht werden“.
Die Grundschule von Jhule erreichen wir nach einer halben Stunde Fußmarsch. Neugierige Kinderaugen beobachten uns, wie wir den steinigen Schotterweg zu den drei Schulgebäuden hinaufsteigen, in dem rund 100 Kinder Platz finden.
Die Familien dieser Kinder sind unverkennbar arm, die Schuluniformen sind verschlissen und mit Staub bedeckt. Die Mädchen tragen kurze Röcke, unter denen weite, traditionelle Hosen zum Vorschein kommen. Flip-Flops und Sandalen an den Füßen halten die Mädchen nicht davon ab, mit uns Fußball zu spielen. Danach lassen wir hunderte von Seifenblasen über den Schulhof fliegen, bis es Zeit für ein Mittagessen ist.
Ein Mädchen mit ihrem Bruder, beide besuchen die Schule von Jhule
Gespendet von VIA CORDIUM erhalten die Kinder „Dal Bhad“, die nepalesische Leibspeise, bestehend aus Reis, Linsensuppe, Gemüse und Hühnchen. Wir sind beeindruckt, selbst die Vierjährigen kommen bereits nach wenigen Minuten zurück mit einem leeren Teller und bitten um Nachschlag. Höhepunkt unseres Besuches in der Schule ist die Verteilung der mitgebrachten Schulmaterialien, wie Schulhefte, Malblöcke, Bleistifte, Buntstifte, Radierer und Lineale. Die Augen der Kinder glänzen vor Freude – mit dieser Überraschung hat keiner gerechnet! „Thank you“ sagen sie und tragen stolz ihre Beute davon. Die fünf Lehrer der Schule helfen mit und übersetzten unseren Wunsch für die Kinder: Eine bessere Zukunft durch Bildung.
Mathias Tomala überreicht einem kleinen Vorschulkind „Dal Bhad“.
Schnell spricht sich im Dorf herum, dass eine ärztliche Untersuchung durch uns vier Ärzte von VIA CORDIUM an drei aufeinander folgenden Tage angeboten wird. Mütter mit ihren Kindern, Mädchen mit Schuluniform, Erwachsene mit unterschiedlichen Erkrankungen finden sich auf dem Schulhof ein, von welchem man auf die schneebedeckten Berge des Himalaya blicken kann. Die im Vorfeld besorgen Medikamente, Verbands-materialien und Instrumente zur Wundversorgung werden in einem der Klassenräume verstaut – und schon kann mit der Sprechstunde begonnen werden. Es werden zwei Teams gebildet, bestehend aus zwei Neustädter Ärzten von VIA CORDIUM und mehreren Helfern und Übersetzern der nepalesischen Partnerorganisation. Bei der Untersuchung bietet ein breites Spektrum von allgemeinen und chirurgischen Krankheitsbildern.
Da ist ein 9-jähriges Mädchen Urmila, welche bereits seit vielen Tagen eitrige Wunden am Hinterkopf hat, ohne bisherige medizinische Behandlung. Vielen unseren Patienten können wir helfen, durch eine Wundversorgung, Medikamente und einen Rat – doch kommen wir auch an unsere Grenzen.
Da ist ein älterer Mann mit den Folgen eines Schlaganfalls. Krankengymnastik und Rehabilitationsmaßnahmen wie wir sie kennen sind hier in Jhule undenkbar, denn eine Krankenversicherung gibt es nicht und die Kosten einer aufwändigen Behandlung können die Dorfbewohner durch ihren Ertrag auf dem Felde nicht stemmen. Urmila sehen wir am Tag unserer Abreise aus Jhule wieder – mit einem Strahlen im Gesicht, der Lohn für unseren Einsatz. Werden wir sie wiedersehen? Ja – denn in einem Jahr kommen wir wieder!
Nur als Team ist man stark: Mathias Tomala und Laura Tomala bei der Untersuchung einer älteren Dorfbewohnerin mit Knieschmerzen.
Am Ende fällt uns der Abschied schwer. Was uns am meisten in Erinnerung bleiben wird?
Das Bild der Schulkinder von Jhule, wie sie viele kleine, in Regenbogenfarben schimmernde Seifenblasen in die Luft pusten.
Ein Sinnbild für eine bessere, leichtere und buntere Zukunft.
Silvie Heilenkötter bei der Beratung eines Dorfbewohners von Jhule.
Bis zum nächsten Jahr liebe Schüler und Lehrer der Shree Mahendra Primare School!