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Nepal

Friendship Aid Project for Jhule

Ein Dorf in Trümmern.

VIA CORDIUM-Einsatz in Jhule 2015

Durch die schweren Erdbeben in Nepal 2015 ist es zu einer humanitären Katastrophe gekommen – VIA CORDIUM organisiert eine Hilfsaktion für das zerstörte Dorf Jhule.

 

Text: Laura Tomala

Durch die Erdbeben im April und Mai 2015 wurde das Dorf Jhule, welches sich in einer Bergregion nord-östlich des Kathmandutales am Rande des Shivapuri-Nationalparkes befindet, stark zerstört. Die kleine Siedlung, in der einst 48 Lehm- und Steinhäuser standen, leben rund 300 Menschen.

 

Die Dorfbewohner von Jhule stehen auf den Trümmern ihrer Häuser. Über 90 Prozent der Häuser in Jhule sind zerstört.

Das Dorf schmiegt sich an einen Berghang, dem die Dorfbewohner schmale Terrassen für ihre Felder und Häuser abgetrotzt haben. Nach den Beben steht kaum ein Haus, einige Terrassen sind verschüttet. Die Stein- und Lehmhäuser sind über 90 Prozent zerstört worden und die Menschen standen von einem Moment zum nächsten buchstäblich auf den Trümmern ihrer Lebensgrundlage. Um sich vor dem Monsunregen zu schützen, errichteten sie provisorische Hütten, welche sie aus Brettern, Lehm, Plastikplanen und Wellblech zusammen zimmerten.

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Das Dorf Jhule steht beispielhaft für viele umliegende Dörfer in Nepal. Die Menschen arbeiten auf dem Feld ohne Maschinen für ihren Eigenbedarf. Überschüsse werden kaum erwirtschaftet. Die jungen Menschen verlassen oft ihre Familien, um nach Saudi-Arabien, die Vereinigten Emirate oder nach Malaysia zu ziehen und sich dort für einfache Arbeiten zu verdingen.

Treffen in Kathmandu. Die humanitäre Mission von VIA CORDIUM für die Erdbebenopfer in Jhule erfolgte im September 2015 während der Monsunzeit. Vertreten wird VIA CORDIUM durch die beiden Ärzte aus Lübeck, Mathias Tomala und Laura Hänsel, welche die individuellen Kosten des Einsatzes komplett aus privaten Mitteln finanzieren.

In der Hauptstadt Kathmandu sind überall Trümmer zu sehen, zerfallene Tempel und brennende Häuser. Die Leichen werden noch immer geborgen und die Trauer auf den Straßen ist greifbar. Der Dauerregen und die dichten grauen Wolkenfelder verstärken die gedrückte Stimmung. Dem Team von VIA CORDIUM wird klar, wie schwierig die Situation ist. Die aufgetürmten Trümmerberge der Tempel am Durbar Square, dem UNESCO Weltkulturerbe, ragen wie ein abgebrannter Wald gen Himmel. „Unter diesem Tempels starben mehrere Menschen während des Erdbebens“ erklärt uns der Vorsitzende unserer nepalesischen Partnerorganisation Goetels Memorial Alumni Association (GMSAA) Sagar Manandhar beim Rundgang durch das Trümmerfeld des Tempelkomplexes.

Die Dorfbewohner von Jhule stehen auf den Trümmern ihrer Häuser.

Über 90 Prozent der Häuser in Jhule sind zerstört.

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Es findet ein Treffen mit den Mitgliedern der GMSAA und VIA CORDIUM sowie mit einem externen Berater Josef Riha statt, welcher für die nepalesische Regierung tätig ist. Es entsteht eine emotionale und sehr konstruktive Diskussion über die Möglichkeiten, das stark zerstörte Dorf Jhule zu unterstützen.

Einsatz in Jhule. Die letzten Meter zum Dorf Jhule geht es nur zu Fuß, das Auto kann den steilen, steinigen Berghang nicht hinauf. Umgeben von einer bewaldeten, im Sonnenlicht grün leichtenden Waldlandschaft zeigt sich das erste Haus des Dorfes, in dessen Dach sich ein riesiger Krater befindet. Einige Dorfbewohner arbeiten auf dem Feld, andere kommen mit gefüllten Reisigkörben den Weg entlang, deren Last über ein Band an der Stirn getragen wird. Die Helfer werden begrüßt und durch das Dorf geführt, an unzähligen zerstörten Lehm- und Steinhäusern vorbei. Die Unterkunft ist spartanisch, ohne fließendes Wasser und ohne Heizung. Der Strom ist nur für wenige Stunden am Tage vorhanden.

Auf einem kleinen Sandplatz mit Blick über die grünen Terrassen wird das Vorhaben mit den Vertretern der Dorfgemeinschaft besprochen. Durch  VIA CORDIUM und GMSAA werden drei gemeinsame Projekte ins Leben gerufen:

1. Aufbau eines Gemeindehauses (Community Hall). Aufgrund der Abgeschiedenheit des Dorfes steht den Bewohnern keine medizinische Hilfe direkt vor Ort zur Verfügung. „In solche abgelegenen Regionen kommt kein Arzt“ berichtet Dr. Anjan Rijal (Vize-Rektor des Nepal Medical Collage und Mitglied der GMSAA). „Das Dorf benötigt einen Ort für erste medizinische Hilfe.“ Bei schweren Fällen haben die Dorfbewohner die Möglichkeit, eine Krankenstation im naheliegenden Dorf Chankibhanjyang aufzusuchen. Diese ist eine Stunde Fußmarsch von Jhule entfernt. In akuten Notfällen kann ein Krankentransport in das nächste Krankenhaus, das Nepal Medical Collage, organisiert werden. „Leider können sich die meisten Dorfbewohner eine aufwändige Behandlung im Krankenhaus, wie zum Beispiel eine Operation, nicht leisten“ so Dr. Rajib Khadka (Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg und Mitglied der GMSAA). In Nepal gibt es keine Krankenversicherung, die Kosten einer Behandlung können auch in Notfällen in der Regel nicht vom Staat übernommen werden. „Eine erste, kostenfreie Behandlung von leichten Verletzungen, einfachen Infektionskrankheiten und Schmerzen ist daher wichtig und notwendig“ erklärt Dr. Khadka.

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Hier soll eines Tages das Gemeindehaus stehen…

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…doch erst muss der Hügel von den Dorfbewohnern abgetragen werden.

In Gesprächen mit den Dorfbewohnern, den Mitgliedern von GMSAA und dem VIA CORDIUM-Team kristallisiert sich die Idee für ein Gemeindehaus heraus, welches von Spenden von VIA CORDIUM und GMSAA finanziert wird. Im größten Raum, einem Ort der Begegnung, soll der Dorfrat tagen können. Der Raum soll zudem Platz für Treffen der Dorfbewohner bieten wie auch für die Frauengemeinschaft mit der Möglichkeit, gemeinsam Feste zu feiern. Im zweiten Raum ist eine kleine Krankenstation geplant für einfache, erste Behandlung durch geschulte Dorfbewohner mit Lager für Medikamente und Verbandsmaterial. Auf Wunsch der Dorfbewohner soll im dritten Raum ein kleiner Laden eingerichtet werden für Artikel des täglichen Lebens. Die Community Hall soll außerdem erdbebensicher gebaut werden, um den Dorfbewohnern bei Naturkatastrophen Schutz zu bieten. Das Leben in dem vollkommen zerstörten Dorf Jhule kann damit Schritt für Schritt wieder lebenswert gemacht werden.

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„Namaste”, Shree Mahendra Primary School 2015.

2. Unterstützung der lokalen Grundschule, der Shree Mahendra Primare School. Der Unterricht beginnt um 10 Uhr und endet nach fünf Stunden, unterrichtet wird Nepali, Mathematik und ein Fach namens „Social“. „Das Hautproblem“, weiß einer der sechs Lehrer zu berichten, ist folgendes: „Viele Kinder werden von Ihren Eltern nicht in die Schule geschickt oder sie laufen mittags nach Hause, da sie Hunger bekommen. Oft müssen die Kinder auf dem Feld helfen oder die Trümmer der Häuser beseitigen.“ Von den 100 Kindern sind in der Regel nur 60 vor Ort.

Die Ärzte Mathias Tomala und Laura Tomala können sich ein Bild über die Schule machen und mit den Lehrern und dem Schulleiter Gespräche führen. Es wird Lehrmaterial für die Schulkinder als auch für die Lehrer für ein Jahr überreicht.

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Laura Tomala untersucht eine Dorfbewohnerin, die sich eine Brandwunde zugezogen hatte.

3. Ärztliche Behandlung vor Ort.

Wie ein Lauffeuer spricht sich im Dorf herum, dass eine ärztliche Behandlung durch zwei Ärzte von VIA CORDIUM und zwei Ärzte von  GMSAA angeboten wird. Opfer des Erdbebens und Mütter mit ihren Babys kommen zur Untersuchung.  Kleinkinder, Mädchen in Schuluniform, Erwachsene mit unterschiedlichen Erkrankungen reihten sich auf einem kleinen Platz mit Blick auf den Shivapuri Nationalpark auf. Sie stellen Stühle bereit und schon kann mit der Outdoor-Sprechstunde begonnen werden.

 

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Im Vorfeld sind Medikamente, Verbandsmaterialien und Instrumente zur Wundversorgung und Trinkwasser durch VIA CORDIUM und GMSAA organisiert worden. Bei der Befragung unserer Patienten werden die Beschwerden „mit Händen und Füßen“ erläutert oder durch ein Mitglied der GMSAA übersetzt.

Neben Bauchschmerzen, Sodbrennen, Schmerzen aufgrund nicht behandelter Knochenbrüche und Verbrennungsfolgen leiden die Dorfbewohner unter Wunden an den Füßen und Unterschenkeln, welche sie sich bei der Arbeit auf dem Feld zufügten. Aufgrund der mangelnden Wundversorgung ist es bei vielen Dorfbewohnern zu einer chronischen Wundinfektion gekommen.

Mathias Tomala untersucht eine Dorfbewohnerin mit Bauchschmerzen.

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Eine ältere Dame des Dorfes berichtet, beim Erdbeben vom einem ängstlich gewordenen Wasserbüffel regelrecht auf die Hörner genommen worden zu sein, dabei wurde sie am Brustkorb verletzt. Wir stellen eine nicht verheilte Rippenserienfraktur fest.

Ein Mann kann nur an einem Stock laufen, die Untersuchung ergibt eine Pseudarthrose im Bereich des distalen Unterschenkels nach einem Sturz während eines Erdbebens. Es wird eine weitere radiologische Diagnostik und Behandlung im Krankenhaus veranlasst.

Nepal hat einen langen, harten Weg vor sich. Die schweren Erdbeben mit ihren hunderten Nachbeben haben eine arme Nation noch ärmer gemacht. Helfen Sie uns, die Menschen vor Ort zu unterstützen und die Hoffnung unter den Trümmern wieder auszugraben.

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